Ich stelle in der Folge eine These auf, dass wir in der Politik eigentlich nur eine einzige Vision benötigen um all unsere Probleme in den Griff zu bekommen: „Gesundheit für alle“. Mit dem Erreichen dieses einzigen Zieles, das mittlerweile nicht nur der WHO (der Weltgesundheitsorganisation) und vielen Staaten als Leitsatz dient, wären alle Probleme dieser Republik und dieser Welt lösbar und uns allen würde es einfach nur besser gehen. Sie glauben das nicht?

Was wünschen wir uns wohl am häufigsten zu Geburtstagen? Ich würde darauf tippen, dass „Gesundheit“ dabei zu den Favoriten zählt. Zuerst müssen wir aber einmal darüber nachdenken, was denn Gesundheit eigentlich für uns bedeutet. Aus meiner Sicht sollten wir hier einfach die Definition der WHO heranziehen. Demnach ist vom Gesundheitsbegriff sowohl körperliche als auch geistige Gesundheit erfasst. „Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity“. Auf dieser Basis können wir leicht Argumente dafür finden, warum denn Gesundheit für alle, die Lösung all unserer Probleme darstellt. Vielleicht ist damit der Stein der Weisen zum Greifen nah. 

 

Gesundheit für alle als Staatsziel?

Was bedeutet es, wenn wir „Gesundheit für alle“ zum höchsten Staatsziel kürten und dies tatsächlich auch ernst nähmen? Zunächst müssten wir uns einmal eingestehen, dass viele Gesundheitsmaßnahmen – trotz der wachsenden Erkenntnis, dass dies besonders wichtig wäre – nicht präventiv sondern bloß reaktiv sind. Es geht also nicht darum Gesund zu sein oder zu bleiben, sondern im Allgemeinen dreht es sich darum, wieder gesund oder zumindest beschwerdefrei zu werden. Das bedeutet aber, dass wir ständig zu wenig tun um einfach wirklich gesund zu sein. Das verursacht aber insgesamt so hohe Kosten, dass wir uns auf der anderen Seite vieles nicht leisten können, was unsere Gesundheit tatsächlich erhalten würde. Wenn wir aber alle gesund wären, würden wir uns insgesamt viel ersparen und könnten auch mehr dafür ausgeben unsere Gesundheit zu erhalten. Das heißt aber nicht, dass wir damit unserer Wirtschaft schaden, im Gegenteil. Auch die Pharmaindustrie müsste nicht unbedingt Einbußen erleiden, wenn sie ihren Fokus ändern würde. Um diese Thesen etwas transparenter zu machen, werde ich sie in der Folge anhand einiger konkreter Politikfelder entwickeln.

Wirtschaft und Finanzwelt

Ganz provokant stelle ich dieses Thema an den Anfang meiner Betrachtung. Nicht nur die Pharmaindustrie ist in erster Linie der Wirtschaft zuzuordnen und erst in zweiter Linie dem Gesundheitssystem. Auch Krankenhäuser müssen sich zu allererst selbst finanzieren. Am besten geschieht das, indem man Betten auffüllt, auch wenn sie nicht gebraucht werden. Aber die Finanzwelt kann einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheitspolitik leisten. Indem diese nachhaltiges und ökologisches Wirtschaften fördert oder die Entwicklung und Erforschung von natürlichen und naturnahen Produkten oder zumindest indem sie die Ausbeutung und Zerstörung unseres Planeten nicht aktiv unterstützt. Gesunde Finanzen andererseits fördern nicht nur im privaten Bereich das Wohlbefinden und verringern den Stress. Auch international stellt die Wirtschaft die Basis für ein gesundes Leben bereit. Das wirkt nachhaltig und für alle. Die Verringerung von Emissionen der Industrie garantiert gesunde Lebensbedingungen. Aktive Einhaltung und Förderung von Arbeitnehmer_innen_schutzmaßnahmen helfen die Gesundheit zu erhalten. Die Förderung von nachhaltigem, ökologischem und fairem Handel garantiert uns nicht nur bessere und gesündere Rohstoffe, sondern trägt auch zur Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit der Produzenten und deren Mitarbeiter_innen bei.

Gesundheitswesen

Alternative Möglichkeiten ausschöpfen, die wirklich gesund machen und die Gesundheit erhalten und nicht nur die Interessen der Pharma- und Medizinindustrie vertreten wäre hier das Gebot der Stunde. Wir würden ernsthaft und ohne Vorbehalte alle Möglichkeiten austesten. Z.B. müsste man offener dafür sein, was wirklich funktioniert und nicht dafür das teuer ist. Ist die Übersäuerungsthese nur Hysterie oder ist wirklich etwas dran? Wir würden jedem den besten Zahnersatz von Anfang an gewähren, denn auch hier ist oft teurer langfristig günstiger. Auch müssten wir uns Gedanken darüber machen, wie wir alle Menschen unabhängig von ihrem sozialen Status oder Einkommen sinnvoll in die Gesundheitsvorsorge einbeziehen können. Wesentlich dabei ist auch die Frage, wie man sozial benachteiligten Personen, denen es häufig auch an Bildung mangelt, eine gesunde Lebensweise vermittelt bzw. ihnen eine solche Lebensweise überhaupt ermöglicht. Ein Problem der westlichen Welt ist ja nicht, dass soziale Randgruppen an Unterernährung leiden sondern, dass sich diese oft ungesund ernähren und eine ungesunde Lebensweise pflegen. Wie wäre es zum Beispiel mit Anreizsystemen, die eine regelmäßige Gesundheitsüberprüfung und Beratung mit der Erhöhung von (Versicherungs-)Leistungen belohnen? Wir sollen uns aber auch fragen, ob es nicht auch hier sinnvoller wäre in die Vorbeugung und Bildung zu investieren als dann die Folgekosten von Unwissenheit zu tragen.

Konsequenterweise müssten Pflegeprodukte und Nahrungsmittel darauf ausgerichtet sein all diese Aspekte zu unterstützen und zu erfüllen. Man müsste ernsthaft austesten, was denn wirklich zur Gesundung beiträgt und man würde auch kleine Erkrankungen wie „nur“ unangenehme Hauterkrankungen ernst nehmen. Ein Buchtipp wäre in diesem Zusammenhang das neue Werk von A. J. Jacobs mit dem Titel „Sau-Fit“, der sich wieder einmal einem Selbstversuch unterzogen hatte. Oft wird nämlich übersehen, dass diese oft als „Kleinigkeiten“ bezeichneten Leiden nur Vorboten für spätere „ernsthafte Erkrankungen“ sind. Nimmt man aber auch diese Kleinigkeiten ernst, dann könnte man in vielen Fällen Folgeerkrankungen oder solche Erkrankungen, die nur auf Grund einer ungesunden Lebensweise entstanden sind, verhindern.
Wir müssten ständig ernsthaft alle Möglichkeiten prüfen, wie man das Ziel „Gesundheit für alle“ tatsächlich erreichen kann. Dazu zählt auch, dass man die Anstrengungen der Wissenschaft in alle Richtungen lenkt und die sogenannten alternativen und komplementären Heilmethoden und Ansätze ständig empirisch auf ihre tatsächliche Wirksamkeit überprüft. Dazu müssen aber vor allem jene Ansätze geprüft werden, die nicht nur den Pharmakonzernen einen schnellen Gewinn oder den Ärzten Prestige versprechen sondern auch jene Dinge in Betracht gezogen werden, die vielleicht gar nichts kosten, unscheinbar, aber umso wirksamer und nachhaltiger sind.

Konflikte politischer und religiöser Natur

Ich gehe noch weiter und wage mich auf dünnes Eis. Eines der kontroversesten Themen ist sicherlich die Bewältigung der zahlreichen Konflikte auf dieser Welt. Basis und Nahrung fast aller Konflikte auf dieser Welt sind persönliche Benachteiligung oder unerfüllte Grundbedürfnisse. Daraus entsteht erst der Grund für einen Konflikt, der sich dann auf den Gegensatz von Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen bezieht. Die meisten Menschen interessieren sich aber nicht dafür für „Ehre, Glaube und Heimatland“ zu kämpfen, wenn sie in Frieden und gesund leben und wirtschaften können. Ohne grundlegende Mangelerscheinungen würden sich die wenigsten für radikale Ideen begeistern lassen. Das andere Extrem, das ich hier zur Illustration heranziehen möchte, stellt sicher die sogenannte westliche Welt dar, die mit der oft zitierten Politikverdrossenheit auch deshalb zu kämpfen hat, weil Menschen nicht persönlich von einem Zustand betroffen sind, dass sie es Wert fänden dagegen anzukämpfen. Die Bindung zu religiösen und politischen Fanatikern erfolgt doch zumeist dadurch, dass die Betroffenen sich dadurch einen persönlichen, greifbaren Vorteil oder die Lösung ihrer persönlichen Probleme erwarten. Radikale Gruppen bieten ihren Mitkämpfer_innen und Mitstreiter_innen durch die Zugehörigkeit zur jeweiligen Gruppe oftmals das Gefühl des Schutzes und der Versorgung. Ihre Probleme sind meistens auch von sehr grundlegender Natur. Es geht um die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse, deren Basis wiederum der Mangel an Gesundheit ist oder durch deren Fehlen, die Gesundheit beeinträchtigt wird. Wenn wir es nun schaffen die Gesundheit in jenen Systemen und Ländern zu erhöhen, steigt auch der Lebensstandard insgesamt und so wird langsam die Basis für Radikalisierung und Konflikte entzogen. Diejenigen, die sich aktiv für die Erlangung und Erhaltung der Gesundheit als oberstes Ziel einsetzen, werden dabei auch die notwendige Anerkennung erhalten.

Umwelt

Nur in einer gesunden Umwelt, können wir auch dauerhaft gesund bleiben. Die Reduktion von Treibhausgasen oder von Feinstaub und Luftverschmutzung, die ernsthafte Erforschung der Probleme der Welt und deren Bekämpfung sind die Konsequenz die sich daraus ergeben.
Durch die gewonnene Erkenntnis – heute muss man schon eher sagen, die angewandte Erkenntnis – würden der Schutz der Umwelt wie der Arktis und des Regenwaldes als die größten Naturressourcen und Apotheken der Welt selbstverständlich sein. Lebensmittel würden nicht um den Preis vieler Tonnen CO2 um die halbe, oder die ganze, Welt und wieder zurück gekarrt werden um dann unreif oder nachgereift angeboten oder als Zierprodukte in den Warehäusern und im Lebensmittelhandel verkauft zu werden oder zu verfaulen. Dies hätte bestimmt auch Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, die es nicht mehr notwendig hat Überschusswaren aus Europa und den USA in Länder zu liefern, wo sie die heimischen Märkte vernichten und damit sogar Armut und Hunger fördern.

Ernährung

Das führt uns auch zum Thema Ernährung. Diese ist auch immer noch nicht auf Gesundheitsförderung und Erhaltung sondern auf vermeintliche Absatzförderung, also auf Geschmack und Sinnlichkeit ausgerichtet. Viele wissen deshalb gar nicht, wie geschmacksintensiv und sinnlich natürliche Produkte sein können, wenn wir ihnen eine Chance geben. Am Beispiel eines Josef Zotter (Zotter Schokolade) oder eines Joseph Weghaupt (Joseph Brot) kann eindeutig nachgewiesen werden, dass eine nachhaltige, biologische und faire Erzeugung von Lebensmitteln sich positiv auf die Gesundheit auswirkt, da nur ehrliche Produkte auch alle Inhaltsstoffe besitzen, die wir erwarten und die wir benötigen. Zotter zeigt uns darüber hinaus vor, dass Weltwirtschaft auch fair funktionieren kann. Auf diesem Wege hätten alle etwas davon. Es würden mehr und gesündere Arbeitsplätz entstehen, die nachhaltig, gesündere Lebensmittel zu einem angemessenen Preis erzeugen.

Landwirtschaft

Nachhaltige und gesunde Erzeugung von Lebensmitteln ist bereits das Stichwort für die Landwirtschaft. Wenn wir erkennen, dass dies der einzige Weg ist, wie wir an gesunde und gesundheitsfördernde Nahrungsmittel kommen und zusätzlich noch der Landwirtschaft in allen Weltgegenden eine Chance geben auch wirtschaftlich zu produzieren, dann schließt sich ein Kreis, der das Gesundheitsziel als Lösung von Problemen nach vorne katapultiert.

Sport und Freizeit

Gesundheit ohne Bewegung ist – wie niemand bestreiten wird – nicht erreichbar. Die letzte Meldung zu diesem Thema in ORF-Online war jedoch: „Zwei Drittel Nicht-Sportler“ in Österreich. Aus diesem Grund ist auch die tatsächliche Förderung der Freude an der Bewegung und das richtige Verhalten im Alltag eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung des Gesundheitszieles, das wiederum dazu beiträgt die Kosten der Krankenversicherung zu verringern. Beim Sport muss jedenfalls die Freude an der Bewegung im Vordergrund stehen. Dies muss tatsächlich schon im Kindesalter erreicht werden. Mit dem Ziel „Gesundheit für alle“ wäre das ein Ansatz, der ernsthafter angepackt werden müsste. Die Forderung nach mehr Schulsport ist dabei zu wenig. Bewegung und Gesundheit darf nicht auf Kosten der intellektuellen Bildung erreicht werden, denn davon wäre auch wieder die geistige Gesundheit als zweite wesentliche Gesundheitskomponente betroffen. Sport und Bewegung müssen Freude machen und in unserem täglichen Leben eingebunden sein. Freude machen tun sie dann, wenn man weiß wie sie funktionieren und wenn man Sportarten und Bewegung auch richtig beherrscht. Dazu aber mehr in meinem Blog: „Ist Schulsport Olympisch?“.

Bildung

Die Argumente im Bereich des Sportes führen uns gleich zur Bildungspolitik und der lebenslangen Ausbildung der Menschen. Dies kann und muss ebenso auf allen Ebenen, und in allen Alterskohorten dazu beitragen eine gesunde und nachhaltige Lebensweise zu fördern. Das Bildungssystem müsste im Gesamten dazu beitragen, das Bewusstsein zu bilden und das notwendige Wissen zu vermitteln um das Ziel „Gesundheit für alle“ zu erreichen. Durch eine gesunde und nachhaltige Lebensweise steigert sich auch umgekehrt die Aufnahmebereitschaft, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit der Lernenden. Das kann jeder für sich einfach ausprobieren, wenn er der oftmals widersprüchlichen Wissenschaft misstraut. Auch die Tatsache, dass Gesundheit oft eine Frage der Bildung und des damit in Verbindung stehenden sozialen Status ist, halte ich dabei für wesentlich. Damit ist aber auch Bildungspolitik eindeutig als Gesundheitspolitik zu identifizieren.

Arbeitswelt und Arbeitsmarktpolitik

Was für die Bildung gilt, gilt natürlich auch für die Arbeitswelt, die ja eng miteinander verwoben sind und sich im Idealfall ständig ergänzen. Im Sinne der geistigen Gesundheit ist es aber auch notwendig, dass man einer sinnvollen Beschäftigung nachgeht. Nachweislich werden geistig und körperlich aktive Menschen im Durchschnitt auch älter und das Altwerden ist mit weniger Beschwerden und Krankheiten verbunden. Daher zählt eine aktive Arbeitsmarktpolitik in der alle eine angemessene und gesunde Beschäftigung finden, in der Weiterbildung eine große Rolle spielt und wo alle über ein ausreichendes Einkommen verfügen in diesem Sinne auch zur Gesundheitspolitik. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass auch das Umfeld am Arbeitsplatz eine wesentliche Rolle spielt um gesund zu bleiben. Überlange Arbeitszeiten, die es verhindern, dass man sich um seine Familie, seine anderen Interessen und um ausreichend sportliche Betätigung kümmert, können durchaus die Gesundheit gefährden. Auch ein Arbeitsplatz, dem man nicht gewachsen ist, oder an dem Mobbing stattfindet führt zu Burnout und anderen Erkrankungen. Am Ende profitieren nicht nur die Arbeitnehmer_innen, sondern auch die Unternehmen.

Alles ist Gesundheit

Dies kann natürlich noch fortgesetzt werden und um weitere Politikfelder beliebig ergänzt werden. Auch wenn dieses Gedankenexperiment nicht annähernd umfassend ist, es wird damit aber schon erkennbar, dass Gesundheitspolitik eine Querschnittsmaterie ist, die niemals nur gesondert betrachtet werden darf. Auch steckt Gesundheit eigentlich in unserem gesamten Tun und Handeln. Ich denke deshalb, dass die genannten und beschriebenen Beispiele schon ausreichen um zu beweisen, dass sich im Grunde alles um die menschliche Existenz dreht und mit dieser ist die Gesundheit sehr eng verwoben. Die menschliche Existenz kann sich aber niemals voll und vor allem nachhaltig entfalten, wenn sie nicht ihren höchsten Wert, die körperliche und geistige Gesundheit, ernst nimmt und erhält. Die Rahmengesundheitsziele für Österreich sind dafür sicher ein guter Ansatz, sie gehen aber aus meiner Sicht immer noch nicht weit genug, weil sie einen noch holistischeren Ansatz wählen müssten.

Der Versuch eines Fazit

Damit beeinflusst unsere Gesundheit und das Streben nach derselben das gesamte Leben und das auf unserem gesamten Planeten. Wenn wir uns nur auf dieses eine Ziel konzentrieren, könnten wir viel geistige und elektrische Energie sparen und zugleich viel bewirken und bewegen. Natürlich vereinfacht dieser Artikel in den meisten Punkten grob, jedoch glaube ich, dass die Konzentration aller Kräfte und Anstrengungen auf ein wesentliches Ziel, das alle leicht begreifen können, unglaubliche Kräfte freisetzen kann und damit das gesamte System beeinflusst. Gesund sein ist schließlich das Wichtigste, das haben schon unsere Großeltern – abseits ideologischer, ethnischer und religiöser Grenzen – immer gesagt.

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