Viele Menschen glauben ja die Mär, dass wer die Finanzen eines Unternehmens im Griff hat, der hat doch sicher auch mit einem Staatshaushalt kein Problem. Da fragt man sich aber doch, warum es dann zum Beispiel schon zwei sehr unterschiedliche Forschungsdisziplinen, nämlich die Betriebswirtschaft einerseits und die Volkswirtschaft (Nationalökonomie) andererseits, gibt. Eine meiner Meinung nach gute Darstellung dazu findet sich im Blog: „Der (nicht so) kleine Unterschied“ auf „Ökonomie für Einsteiger“, von Achim Lorenz, vom 2.8.2012, der genau diesen Unterschied darstellt.

Ich frage mich also, woher das Gerücht kommt, dass oft nur betriebswirtschaftliches Handeln als positives Handeln in unserer Gesellschaft angesehen wird? Ist es nicht vielmehr so, dass staatliche Aufgaben und Fragenstellungen nicht nur „nicht notwendigerweise nicht“ sondern fast nie mit betriebswirtschaftlichen Methoden zu lösen sind. Auch staatliche Budgets sind keinesfalls mit betriebswirtschaftlichen Budgets zu vergleichen oder mit Konzernbilanzen zu messen. Zu welchen Ergebnissen diese Vorstellungen führen sieht man aktuell gerade im Falle des Team Stronach und deren Vorstellungen von der Welt. Und jeder der sich einmal einigermaßen intensiv mit Nationalökonomie, Politikwissenschaft und Staatenlenkung befasst hat, kann dem nur beipflichten. Auch die aktuellen Krisen (Staats-, Finanz- und Bankenkrisen) zeigen überdeutlich, dass diese Betriebswirtschaftslogik einfach nicht stimmt und sich gemeinwirtschaftliche, staatliche, soziale, etc. Interessen sehr oft nicht mit den rein wirtschaftlichen decken.

Dieselben Argumente werden auch dann verwendet, wenn man die sogenannte politische Klasse in Zweifel ziehen will. Da werden dann verächtliche Ausdrücke gebraucht, wie „Berufspolitiker“, „Apparatschik“, „Parteigänger“, oder „der hat ja lediglich die Ochsentour hinter sich gebracht“. Was ist aber eigentlich so schlecht daran Politik von der Pike auf zu lernen und dies in politischen Parteien zu tun? Lernt man dort nicht auch solche Dinge, wie Wissen aus unterschiedlichen Lebensbereichen, sich auszudrücken, das Umgehen mit unterschiedlichen Interessen, Argumentation, und vieles mehr, das man sonst gar nicht lernen würde und das umgekehrt auch in der sogenannten Privatwirtschaft wertvoll ist? Hinzu kommt noch, dass die wenigsten ihre gesamte Zeit wirklich nur in der Politik verbracht haben. Auch wird immer so getan, als wäre „die Politik“ etwas ganz anderes als „das richtige Leben“. In diesem „richtigen Leben“ kommt nämlich kaum jemand mit Menschen aus einem total anderen Lebensumfeld in Berührung, wo hingegen ein Politiker, innerhalb seiner Partei, oder bei potentiellen WählerInnen, fast alle Bevölkerungsgruppen einmal zu Gesicht bekommt oder sich mit ihnen austauscht.

Aus diesen und vielen anderen Gründen kann die so gelobte „Wirtschaft“ alleine auch gar keine ausreichende Vorbereitung auf eine politische Karriere sein. Da gehört schon viel mehr dazu, als nur Bilanzen lesen zu können. Es ist schon richtig, dass junge PolitikerInnen auch andere Dinge kennen lernen sollten, als Parteigremien. Aber dazu gehört sicherlich weit mehr als die „was kostet es und was bringt es“-Ideologie der Betriebswirtschaft. Und wo lernt man das alles, wenn man nicht 60 Jahre Zeit hat, auf Universitäten zu studieren und unterschiedliche Berufe auszuüben? Doch nur durch politisches Engagement und im Kontakt mit verschiedenen Menschen und Fragestellungen!

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